Sumpfweg Königswinter: Hochwasserschutz oder Bebauung?

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Nicht oft werden Stadtratssitzungen von über 100 Bürgern besucht. Wenn es um den Sumpfweg geht, ist das fast die Regel. Es kommen nicht nur Hundebesitzer, die um den beliebten Gassiweg fürchten. Oder Anwohner, die aus verschiedenen Gründen alles beim Alten belassen möchten. Ein Großteil der Besucher kommt aus der Erkenntnis, dass das Sumpfweg-Areal mehr ist als ein ungepflegtes Brachland zwischen Rhein und Hauptstraße, auch wenn das auf den ersten Blick so scheinen mag.

Nicht gleich ins Auge springt die wichtige Rolle des Sumpfweg-Areals für den Hochwasserschutz. Es mag unspektakulär und langweilig anmuten, vielleicht sogar ewig gestrig. Aber durch die Bebauung des Sumpfweg-Areals würde Königswinter eine wichtiges Bollwerk verlieren, das die Rheinanwohner vor den Einflüssen des Hochwassers schützt.

Wieso ist es so wichtig, den Sumpfweg bebauungsfrei zu halten?

Der Rhein ist begradigt und gut schiffbar, seine Ufer sind befestigt und stabil. Pro Sekunde fließen gut eine halbe Million Liter Wasser an unserer Stadt vorbei. Doch wenn Starkregen oder Schneeschmelze richtig zuschlagen, reicht dem Rhein sein Bett nicht aus. Befestigt und asphaltiert wir seine Ufer heute sind, können sie kein Wasser mehr aufnehmen. Der Rhein breitet sich aus, Straßen und Keller laufen voll.

Auenlandschaften wie der Sumpfweg können diesen Ausbreitungseffekt dämpfen. Denn sie wirken wie ein Schwamm und entschärfen die Lage deutlich. Wenn von den rund 70.000 Quadratmetern des Sumpfwegareals etwa 30.000 als Bauland verwendet werden, würde weitere Gebiete der Stadt Königswinter überschwemmt, Häuser und Menschen gefährdet.

Wie entschärfen Auenlandschaften Hochwasserlagen?

Auenlandschaften sind naturbelassene, flussnahe Mischgebiete aus Wäldern und Wiesen, die bei Hochwasser überflutet werden können, ohne dass Schaden entsteht. Das Wasser sucht sich seinen Raum und ergießt sich in die flussnahen Räume, was den Pegelanstieg bremst. Ihre Wirkung entsteht aber nicht nur durch das Fehlen von Bebauung, sondern durch eine Art „Tiefenwirkung“.

Weil ein großer Teil des Wassers im Boden der Aue versickern kann, ist dieser Effekt nachhaltig.  Baumbestand hält 60, Wiese 30, Acker 10 Liter Wasser pro Stunde und Kubikmeter Boden zurück. Asphalt genau null. Im Klartext: Die Sumpfweg-Aue schluckt pro Stunde mehr als eine Million Liter Wasser, das sich ansonsten auf bewohntes und genutztes Areal ergießt. Wird der Sumpfweg bebaut, laufen noch mehr Keller und Straße noch schneller voll, Heizanlagen werden zerstört, Bausubstanz gefährdet.

Der Erhalt der Sumpfweg-Aue ist eine Investition in die Zukunft von Königswinter als einer lebenswerten und bürgerfreundlichen Stadt. Auf sie zu verzichten, ist Leichtsinn. Denn die Zahl der Hochwasserereignisse steigt nicht nur, sie werden immer stärker. Mit jedem Quadratmeter Auenlandschaft erkaufen wir uns wertvolle Zeit im Hochwasserschutz, wenn nicht sogar eine größere Zahl trockener Straßen und Keller.

Es lohnt sich für die Stadt Königswinter, auf mehr Auenlandschaften setzen als auf deren Bebauung. Würden die gesamten 70.000 Quadratmeter renaturiert, könnten sie etwa die doppelte Wassermenge gegenüber dem Istzustand aufnehmen. Die Effekte von Hochwasser auf Wohngebäude und Menschen würden dann abgemildert, rheinnahes Wohnen sicherer. Gerade auch weil Experten vor der zunehmenden Gefahr und Intensität von Hochwasser warnen, ist das durchaus ein Wert, den eine Stadtverwaltung verfolgen sollte.

Hochwasserschutz: Zusammen sind wir stark

Die steigende Hochwassergefahr lässt sich nur in der Gemeinschaft wirksam bekämpfen. Aus dieser Erkenntnis ist die Stadt Königswinter Mitglied überregionaler Organisationen geworden, in der Hochwassernotgemeinschaft und im Hochwasser-Kompetenz-Centrum e.V. In diesen haben sich Städte und Organisationen entlang des Rheins zusammengeschlossen, um gemeinsam gegen die Folgen von Hochwasser vorzugehen. Im Fokus stehen die Umsetzung von Rückhaltemaßnahmen und die raumplanerische Sicherung von Retentionsflächen gegen die vom Klimawandel ausgehenden Gefahren. Dahinter steht die Erkenntnis, dass den Hochwassergefahren zumindest die Spitze genommen werden kann, wenn Auenflächen erhalten und ausgebaut werden. Was für ein Signal würde die Bebauung der Sumpfweg-Aue in Richtung der anderen Rheinanlieger senden? Will Königswinter sich bei vollem Bewusstsein den Ruf einer Stadt erarbeiten, der die langfristige Sicherheit ihrer Bürger unwichtig ist?

Bauen am Hochwasserschutz vorbei, geht das?

Der Gesetzgeber schreibt vor, dass bei Bauvorhaben in Hochwassergebieten zunächst nachgewiesen werden muss, dass die Bebauung unschädlich für den Hochwasserschutz ist.  Bei der allgemeinen Wohnungsnot in Städten ist die Versuchung groß, solche oft ausgedehnten Retentionsflächen zu bebauen. Die Sumpfweg-Bebauung ist wohl aus einer solchen Not geboren. Wollen wir hoffen, dass sich die Stadt Königswinter ähnlich einsichtig  zeigt wie beispielsweise Köln.

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Inhalt und Grafik: Rita Seidel 

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