BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Königswinter hatten am 28.06.2018 zu einer Bürgerdiskussion zum Thema „Fluglärm“ ins AZK Königswinter geladen und interessierte Bürger*innen sind diesem Aufruf gefolgt. Die Diskussion wurde eingeleitet durch einen Fachvortrag zum Flughafen Köln/Bonn und den dortigen Flugbewegungen durch Wolfgang Hoffmann, stellv. Vorsitzender der „Lärmschutzgemeinschaft Flughafen Köln/Bonn e.V.“ und einem anschließenden Exkurs in die dazugehörigen politischen Entwicklungen und Einflüsse durch Horst Becker (MdL, GRÜNE). Die anstehendenen Veränderungen am Flughafen Köln/Bonn, die sich durch das derzeit laufende Planfeststellungsverfahren (siehe Bericht) ergeben, sowie eingegangene Bürgerbeschwerden zum nächtlichen Fluglärm, hatten dieses Thema auf den Plan der GRÜNEN Königswinter gerufen.
Thomas Koppe, Vorsitzender der GRÜNEN Königswinter, sagte im Anschluss an die Veranstaltung: „Es war wichtig einmal die Fakten auf den Tisch zu packen und darüber zu diskutieren, was zu erwarten ist. In einigen Bereichen des Königswinterer Stadtgebietes sind heute schon nachts enorme Lärmbelastungen spürbar und durch den geplanten Ausbau des Flughafens und die damit steigenden Flugbewegungen wird sich dies sicher noch verstärken. Das Planfeststellungsverfahren und die zu erwartende Verlängerungsanfrage zur Betriebsgenehmigung des Flughafens lassen hier durchaus Spielraum für Verbesserungen im Sinne der Anwohner. Den GRÜNEN in Königswinter geht es aber nicht darum durch strikte Verbote den Wirtschaftsstandort Flughafen zu schwächen, sondern um eine nachhaltige Sicherung und gesundes Wachstum. Gegen Fluglärm kann man schon heute unterschiedliche Maßnahmen treffen, angefangen von der Steuerung über Gebühren bis hin zu direktem Einwirkungen auf den früheren Austausch alter und besonders lauter Maschinen der Fluggesellschaften gegen leisere und sparsamere Modelle. Im Sinne der Bürgerinnen und Bürger sehen wir hier die Notwendigkeit und auch die Chance, auf einen fairen Interessenausgleich zwischen Flughafenplänen und den davon Betroffenen hinzuwirken.“
Wolfgang Hoffmann stellte in seinem einführenden Vortrag interessante Fakten vor, z.B. die rund 42400 nächtlichen Flugbewegungen in Köln/Bonn im Jahr 2017, mit ca. 30-40% Passagieranteil. Schon 2016 war der Flughafen Köln/Bonn europäischer Spitzenreiter beim Nachtflug, kein anderer Flughafen hatte mehr Betrieb in den Nachtstunden – auch nicht die viel größeren europäischen Luft-Drehscheiben in Städten wie Frankfurt, London oder Amsterdam. Dies setzte sich 2017 fort. Die nächtlichen Lärmbelastungen, von denen auch der Bergbereich in Königswinter spürbar betroffen ist, gehen in aller Regel jedoch von startenden Frachtmaschinen aus. Hierbei stellen die derzeit noch vielfach älteren Flugzeugmodelle, wie z.B. die MD-11 oder die Boing 747-400, das größte Problem dar. Passagiermaschienen sind üblicherweise neueren Baujahres und durch ihre Bauart meist auch leiser, z.B. durch die abgewinkelten Tragflächenenden, sogenannten Winglets. Jedoch sind Flachstarts dieser Flugzeuge ein zunehmendes Lärmproblem. Der Vortrag enthielt auch eine Exkursion in die Geschichte des Flughafens Köln/Bonn, von einem Millitärflughafen mit nur einer Start- und Landabahn bis hin zum heutigen Ausbau. Dabei wurde die ursprüngliche Betriebserlaubnis lediglich immer fortgeschrieben, ebenso wie über die Zeit die einzelnen baulichen Erweiterungen erst im Jahr 1999 durch eine „fiktive Planfeststellung“, wie sie auch für die Flughäfen in den neuen Bundesländern durchgeführt wurden, defacto nachträglich legitimiert wurden. Es ist ein ausgewiesener Erfolg der „Lärmschutzgemeinschaft Flughafen Köln/Bonn e.V.“, dass die nun geplanten massiven Erweiterungen im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens bewertet werden müssen. Ein Novum für den Standort, dessen stetiger Ausbau bisher immer scheibchenweise und ohne eine umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt wurde.
Der GRÜNE Landtagsabgeordnete Horst Becker gab einen Abriss über die schwierigen politischen Einflussmöglichkeiten wieder, da u.a. der Bund das Letztentscheidungsrecht bei Nachtfluggenehmigungen hat, es aber in den vergangenen Jahren keine einheitliche politische Linie zwischen NRW und der Bundesrepublik Deutschland gegeben hat. In Zeiten der Rot/Grünen Landesregierung in NRW wurden entsprechende Vorstöße im Bund negiert. Ebenso umgekehrt, als Rot/Grün Regierungsverantwortung nur auf Bundesebene wahrgenommen hatte. Die zuletzt im Jahr 2007 erteilte Verlängerung der Betriebserlaubnis bis zum Jahr 2030 durch die CDU/FDP-Landesregierung NRW betraf auch das schon länger schwelende Thema eines möglichen Nachtflugsverbotes. Die damalige Entscheidung zur Nachtflugerlaubnis begünstigte u.a. den FedEx-Standortwechsel von Frankfurt nach Köln/Bonn, ebenso wie es den deutlichen Ausbau des europäischen Frachtzentrums von UPS am Standort sicherstellte. Gerade diese Logistikdienstleister sorgen in den letzten Jahren für immer mehr Flugbewegungen, besonders in den Nachtstunden. Verantwortlich für die zudem teilweise deutlichen Steigerungen im Personenverkehr der letzten Jahre – leider auch nachts – war u.a. die forcierte Ansiedlung mehrerer Billigfluggesellschaften wie z.B. RyanAir am Standort Köln/Bonn. Während also die Wirtschaft durch den immer weiter ausgebauten Flughafen boomt, haben Anwohner mit wachsenden Belastungen zu kämpfen. Das soll sich in dieser Form nicht wiederholen. Horst Becker warnte davor, das Planfeststellungsverfahren und eine angenommene erneute Beantragung der Verängerung der Betriebserlaubnis für den Flughafen über das Jahr 2030 hinaus von einander losgelöst zu betrachten. Vielmehr bestünde nun die Chance, bei der Betriebsgenehmigung in Bezug auf ein Nachtflugverbot zumindest für Passagiermaschienen hinzuwirken. Im aktuell laufenden Planfeststellungenverfahren ist ebenfalls durch die Einsprüche der Bürger die Chance gegeben, wieder Bewegung in das Thema zu bekommen.
In der anschließenden Diskussion teilten viele Stimmen die Kritik am spürbaren Fluglärm, der u.a. in Thomasberg durch eine Messtelle dokumentiert wird. Einzelne Einlässe auf Nichtbetroffenheit gab es allerdings ebenso. Zudem wurde durchaus kontrovers über das Thema der Gesundheitsschädigung durch Lärm diskutiert, wie auch begleitende Themen z.B. der Kerosinablass zur Sprache kamen. Am Ende waren sich die Anwesenden überwiegend einig, dass die Vorträge der beiden Gäste inhaltlich sehr interessant waren und das Thema in Königswinter durchaus mehr Beachtung finden sollte, wie auch die möglichen Einflussmöglichkeiten von Bürger*innen und durch die Politik verstärkt wahrgenommen werden müssten.